Presse-Andachten
WORTE AUS DER KIRCHE für den 17. 10. 2015
Der liebe Gott und die liebe Kirche
Ein alter Mann in einem Pflegeheim erhält ein Paket von seiner Tochter. Als er es auspackt, bekommt er Besuch von seinem Pfarrer. Der freut sich: "Das ist aber nett von ihrer Tochter." "Ja", erwidert der alte Mann, "sie sorgt schon für mich, aber ..." "Das ist doch fein, da gibt's doch kein Aber?" Dennoch schaut der alte Mann unendlich traurig und bitter: "Es war keine Liebe drin!" Der Pfarrer schreibt: "Auf einmal verstand ich den Alten. Und ich verstand noch viel mehr."
Im Jahr 2013 sind in Deutschland 176.555 Menschen aus der evangelischen Kirche ausgetreten. Das dürften mehr als achtmal so viele sein, wie Haldensleben Einwohner hat. Das sollte man sich bildlich vorstellen: Acht Städte von der Größe Haldenslebens haben die evangelische Kirche verlassen - in einem Jahr! (Für 2014 liegen noch keine genauen Zahlen vor. Es wird aber mit mehr als 200.000 gerechnet.)
Dafür gibt es viele Ursachen. Eine davon dürfte sein: "Es war keine Liebe drin!" Vermutlich sind viele von diesen Ausgetretenen früher gelegentlich zur Kirche gegangen, z. B. zu Weihnachten. Vielleicht hatten sie erwartet, dort etwas zu finden, das für ihr Leben Bedeutung hat: Menschen, die sich ehrlich für sie interessieren, die Verständnis haben für ihre Fragen und Sorgen; vielleicht hatten sie auch (unbewusst) gehofft, "Evangelium" zu hören, d. h. Worte, die sie ansprechen, die ihnen helfen, die ihnen tatsächlich Liebe übermitteln. Als das nicht geschah, sind sie halt weggeblieben und schließlich ausgetreten. Warum Geld bezahlen für etwas, wovon man doch nichts hat? (Obendrein besteht ein Unterschied zwischen "von Nächstenliebe reden" und "Nächstenliebe leben". Auch in der Kirche geschehen Dinge, die zum Himmel stinken. Schon mancher ist ausgetreten, weil sie oder er sehr enttäuscht wurde.)
Um nicht falsch verstanden zu werden: In unserer Kirche wird auch gute Arbeit geleistet. Viele Menschen sind zufrieden mit dem, was ihnen da geboten wird. Doch es gibt halt auch andere, die das nicht sind. Wie dem auch sei, eine Alternative haben wir immer: das Buch der Kirchen, die Bibel. Dort ist Liebe drin! Eine große, gewaltige, unbeschreibliche Liebe, die ein Leben völlig verändern kann. Nur leider, sie ist nicht so leicht zu finden. Wenn dieses Buch nur irgendwo verstaubt, wird man dieser Liebe vermutlich niemals begegnen. Man muss die Bibel schon lesen. Und das nicht nur gelegentlich - sondern Tag für Tag. Doch selbst wenn man sie liest, ist das keine einfache Kost. Es macht Mühe, die Schätze dieses Buches zu erschließen. Doch wenn das gelingt, dann findet man eine Liebe, die alle unsere Vorstellungen übertrifft - und Trost und Kraft und Hoffnung und Vergebung und Leben und Ewigkeit. Und vor allem: ein Du, einen Vater im Himmel, der uns unendlich liebt und niemals alleine lässt.
Kurz: in der Bibel verbirgt sich ein gewaltiger Reichtum. "Herr, dein Wort, die edle Gabe, diesen Schatz erhalte mir; denn ich zieh es aller Habe und dem größten Reichtum für (vor)", schreibt N. v. Zinzendorf. Und überall dort, wo dieses Buch noch respektiert wird, ist auch in der Kirche Liebe drin. Selbst wenn sie nur schwer zu finden ist.
Andreas Rau
Landeskirchliche Gemeinschaft Ohreland, Haldensleben
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