I. Allgemeine Eindrücke
I. 1. Kleinigkeiten am Rande
I. 2. Museumsstück
I. 3. Sumpf
I. 4. Seifenblasen
I. 5. Der feine Unterschied
I. 6. Leergut
II. Konkrete Fragen
II. 1. Mythos
II. 2. Rechenkunst
II. 3. Konsequente Inkonsequenz I
II. 4. Das 'Urwort des Seins'
II. 5. Konsequente Inkonsequenz II
Theologen- Theorie
Laien-Kommentar
Kirchliche Praxis
Anhang Laientheologie: Buße
II. 6. Heiligung
II. 7. Wahrheit
Nachwort
Zusammenstellung der Fragen
Literaturverzeichnis
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II. Konkrete Fragen |
II. 5. Konsequente Inkonsequenz II |
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Theologen- Theorie
L reibt sich die Hände. An einem Punkt wird er den Professor kriegen. Da wird er ihn so richtig in die Pfanne hauen! Mt 4,17: "T u t B u ß e, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen."
Buße ist ein zentraler Begriff des Neuen Testamentes. Laut Calwer Bibelkonkordanz von 1905 steht er dort (bei Luther) 49 Mal. Im Sachregister in des Professors Buch dagegen taucht er überhaupt nicht auf . . . Buße ist eine äußerst aktive Tat; eine das ganze Leben um- gestaltende Antwort auf Gottes Anrede. Und menschliche Aktivitäten im Rahmen der Rechtfertigung scheint Jüngel gar nicht zu mögen.
S. 83:"Das Evangelium nämlich schließt jede Forderung aus sich aus. Es ist Gottes gebendes Wort, das den Menschen beschenkende Wort, das den Menschen befreiende Wort. Es ist ein den Indikativ neuen Seins konstituierendes Wort."
S. 93: ". . . die Bedingungslosigkeit des Evangeliums . . . "
S. 160: ". . . wenn man genauerhin fragt, wie sich der Mensch an seiner Rechtfertigung zu beteiligen vermag. Gar nicht - antworten die Reformatoren . . . "
"Tut Buße . . . " Das muß der Professor übersehen haben? Oder wohl besser, das will der Professor übersehen . . . ?
Doch dann die 'Enttäuschung'! S. 202: "Der Glaube eines Menschen ist sein von Herzen kommendes Ja zu Jesus Christus . . . Von Herzen kommt dieses Ja, weil . . . ihn im Zentrum seiner Existenz getroffen hat . . . das Herz das Lebenszentrum des Menschen ist, in dem über den ganzen Menschen entschieden wird."
Ein "von Herzen kommendes Ja zu Jesus Christus". Besser als Jüngel es hier tut, läßt Buße sich wohl kaum beschreiben: eine aus dem Herzen, dem innersten Lebenszentrum des Menschen, kommende Antwort, die über den ganzen Menschen entscheidet und allen seinen Aktivitäten eine neue Richtung gibt.
"Der Glaube eines Menschen ist sein von Herzen kommendes Ja zu Jesus Christus . . ." Ein schöner Satz; eine gewaltige Wahrheit! Und dennoch, auch in diesem Punkt schlägt Jüngels konsequente Inkonsequenz voll durch . . .
Der Professor zitiert
zustimmend Aussagen der Reformatoren wie
S. 150: "alle Werke, die vor der Rechtfertigung
getan werden, seien, aus welchem Beweggrund auch immer sie getan sein mögen,
wahrhaft Sünde und verdienten Gottes Haß . . .
Daher der natürliche freie Wille seiner verkehrten Art und Natur nach allein zu
demjenigen, das Gott mißfällig und zuwider ist, kräftig und tätig ist."
Und zieht letztlich den
Schluß, S. 152: ". . . wird man behaupten müssen, daß die ontologischen
Strukturen des Menschseins durch die Sünde zwar nicht zerstört werden
können, daß aber die ontisch- existentielle Verwirklichung dieser
ontologischen Strukturen ganz und gar von der Sünde bestimmt ist."
(Auf deutsch
vermutlich: In mir, das heißt in meinem Fleisch, wohnt nichts Gutes. Wollen
habe ich wohl, aber das Gute vollbringen kann ich nicht.)
". . . die richtige reformatorische These, daß der Sünder
gegenüber Gott keinen freien Willen habe, daß der Wille des Menschen immer
'besetzt' sei - entweder von Gott oder vom Teufel . . . "
Wenn dem aber so ist; und "alle Werke, die vor der Rechtfertigung getan
werden, . . . wahrhaft Sünde" sind, dann muß es eine Grenze geben,
wo die ganze Geschichte kippt! Einen Moment, an dem die Recht- fertigung im
einzelnen Menschen wirksam wird! Einen Punkt, wo der menschliche Wille vom
Teufel befreit und von Gott besetzt wird.
Und es braucht ein Geschehen,
bei dem die Grenze zwischen 'draußen und drinnen' überschritten wird; einen
Akt, durch den der Gottlose "von neuem geboren" und so eine
"neue Kreatur" wird.
Mit anderen Worten es bedarf
der "Konsekration": eine
Handlung, durch die "Inkorporation in das
Heilige" geschieht. Sinngemäß S. 136f: der Schuldige muß - ganz
bewußt - seine Hand auf den Kopf des Opfertieres legen, damit dessen Tod dann
tatsächlich "als die Entsühnung des
opfernden Menschen gelten" kann.
S. 136: "Der Glaube ist nun die Identitätsübertragung,
durch die der einzelne Mensch sich mit dem Geschick Jesu Christi so
identifiziert, daß er sich in ihm gestorben und in ihm auferweckt weiß. 'Im Horizont der Kategorie des Opfers betrachtet, ist der
Glaube die dem Handaufstemmen im alttestamentlichen Kult funktional
entsprechende Identitätsübertragung.'"
S. 200f.: ". .
. allein
durch den Glauben ist deshalb die Pointe des Recht- fertigungsartikels,
weil sie in positiver Weise zum Ausdruck bringt, wie der durch die drei anderen
Exklusivpartikel allein Christus, allein aus Gnade, allein durch das Wort
in einem präzisen Sinne aus dem Rechtfertigungsgeschehen ausgeschlossene
Mensch nunmehr durch einen von ihm selbst zu vollziehenden Lebensakt positiv in
das Geschehen seiner Rechtfertigung einbezogen wird: als Glaubender
und nur als Glaubender ist er von sich aus an seiner eigenen
Rechtfertigung beteiligt . .
. Als
Glaubender bekennt er sich zu Jesus Christus. Als Glaubender ist er ein
gerechtfertigter Sünder . . . Als dieses von Herzen
kommende Ja zu Jesus Christus ist der Glaube rechtfertigender Glaube,
ist er fides iustificans."
(Nochmals) S. 211: ".
. . ist
nun noch einmal einzuschärfen, daß es allein der Glaube ist, durch den
der Mensch gerechtfertigt wird, daß der Mensch sola fide eine
gerechtfertigte und also neue Person wird."
Aber dieser 'Rechtfertigungs-Struktur'
setzt Jüngel halt seine 'Struktur B' entgegen. Eine Struktur, die keine Grenze
kennt zwischen draußen und drinnen - und folglich auch keinen "Akt"
benötigt, durch den die Grenze überschritten wird; S. 213: "Der Glaube . . . anerkennt und bejaht, daß Gott bereits gehandelt hat . . . daß Gott uns dies bereits zugesprochen, und zwar
effektiv zugesprochen hat: von ihm her existierend und deshalb ein für allemal
anerkannte Personen zu sein."
Gott hat (bereits) gehandelt.
Dies ist die Grundlage des christlichen Glaubens! Dennoch steht die Frage: Wann
und bei welcher Gelegenheit hat "Gott uns
dies . . . effektiv zugesprochen . . . ein für allemal anerkannte Personen zu sein"?
Jüngel verschachtelt seine
Antwort auf höchst komplizierte Weise. Dennoch gipfelt seine Argumentation in
einem einfachen Bild, das auch ein Laie zu verstehen meint; S. 205: "Der Glaube erkennt also an, daß über das
Sein des Menschen in der Person Jesu Christi schon entschieden worden ist.
Glaube ist dasjenige Ja des ganzen Menschen, mit dem der aus dem Schlaf
Erweckte bejaht, daß er aufgeweckt worden ist und sich nun also als
einen wachen Menschen, als einen Menschen des Lichtes und des Tages und nicht
der Nacht und der Finsternis entdecken darf und entdecken soll."
Sinngemäß: wenn das
'religiöse Bewußtsein' eines Menschen erwacht, stellt er fest: ich bin drin im
Reich Gottes; die Grenze ist bereits überschritten; ich bin schon
gerechtfertigt; mein Wille ist vom Teufel befreit und von Gott besetzt. Das über
mein Leben entscheidende Ereignis hat bereits stattgefunden; deswegen ist
"heute" alles in Ordnung, ich muß nichts mehr tun.
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